„Eine beachtliche Leistung“

Mit Andreas Kreisel, der schon 20 Jahre das Sinfonieorchester dirigiert, hat Susanne Mathes gesprochen.

Susanne Mathes, vom 19.10.18, Kornwestheim

 

Herr Kreisel, sie haben das Sinfonieorchester der Städtischen Orchester vor 20 Jahren übernommen. In welcher Verfassung war es damals?

Es war ein kleines Ensemble von zwölf bis 15 Musikern. Es gab also einiges an Aufbauarbeit zu leisten, denn es war klar, dass wir in Richtung sinfonische Besetzung tendieren wollten. Ich war im Bottwartal einigermaßen bekannt, und es gab dort mehrere Menschen, die weiterhin mit mir Musik machen wollten, obwohl ich nicht mehr an der Musikhochschule Marbach war. Von dort kamen dann etliche mit nach Kornwestheim. Unser erstes Konzert war Beethovens Sinfonie in C-Dur, die recht dankbar zu spielen ist. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda ist die Zahl der Mitspielenden immer größer geworden, und die Werke wurden anspruchsvoller.

 

Wie ist das Orchester heute aufgestellt?

Natürlich wäre ich dankbar, wenn ich zwölf statt sieben erste Geigen hätte. Aber wir verfügen mit rund 30 Mitgliedern über eine deutlich stolzere Zahl an Mitspielenden als in der Anfangszeit und können uns, wie fürs Herbstkonzert am Sonntag mit der Reformationssinfonie von Mendelssohn-Bartholdy, auch an romantische Werke heranwagen. Es freut mich sehr, dass in jüngster Zeit zum Beispiel eine weitere Oboistin, ein neuer Fagottist und eine sehr gute Hornistin dazugekommen sind.

 

Was ist mit Ihrem aus Orchester aus ambitionierten Amateuren machbar, was nicht?

Natürlich stoßen wir an gewisse Grenzen. Es gibt Werke, die sind technisch oder tempomäßig nicht zu bewältigen, eine Ouvertüre von Rossini zum Beispiel. Dass wir uns die Romantik vornehmen, ist schon eine große Herausforderung. Aber wir sind in den vergangenen Jahren miteinander gewachsen, und ich weiß, was ich dem Orchester zutrauen kann.

 

Sie sind ja unter anderem auch selbst ausführender Musiker und Musiklehrer. Welcher Stellenwert nimmt die Leitung des Sinfonieorchesters in Ihrer Arbeit ein?

Das Orchester ist mir nicht nur auf musikalischer Ebene wichtig, sondern auch auf der menschlichen Seite. Die Arbeit bedeutet viel mehr, als dass man eben dienstagabends zum Proben zusammenkommt. Es zählt auch die Begegnung mit den Menschen, mit denen ich seit zehn, 15 oder teils sogar schon seit 20 Jahren zu tun habe. Dass auch das Orchester das schätzt, hat es mir gezeigt, als es mir zu meinem Jubiläum ein wundervolles Buch mit vielen Fotos und Presseartikeln schenkte. Aus dem geht hervor, dass wir in diesen 20 Jahren sage und schreibe mehr als 400 Werke von über 130 Komponisten gespielt haben und 80 Auftritte hatten. Das ist schon eine beachtliche Leistung. Und ich habe große Hochachtung vor Mitgliedern, die teils über 70 oder sogar 80 Jahre alt sind, eine Ausbildung zu einer Zeit genossen haben, als es noch keine Musikschule gab, und sich trotzdem noch der anstrengenden Probenarbeit widmen. Sie ist ja teils auch körperlich strapaziös.

 

Bei Ihnen kommen Menschen verschiedenen Alters in verschiedensten Lebenssituationen zusammen. Wie funktioniert das?

Es gibt einen treuen harten Kern an Mittspielen. Aber es gibt auch immer wieder Wechsel, weil ein Studium aufgenommen oder der Arbeitsplatz gewechselt wird. Natürlich ist es schade, wenn man Aufbauarbeit leistet und dann, zack, sind die Leute wieder weg. Aber damit muss man einfach leben. Es kommen dafür ja auch wieder neue Mitglieder dazu.

 

Gibt’s Wünsche, die der Jubilar für die Zukunft des Orchesters hat?

Dass wir anfangen, uns auch dem zeitgenössischen Repertoire zu öffnen. Es gibt Werke, die gut klingen und technisch durchaus machbar sind. Da würde ich mit wünschen, dass sich manche Mitspielenden überwinden und vertrauen, dass es da wunderschöne Werke gibt.