Das Benefizkonzert am Samstag vor dem Volkstrauertag war abwechslungsreich. Vor der Pause übernahm das Landespolizeiorchester den klassischen Part, danach das große städtische Blasorchester die Sparten Swing, Rock und Pop. Beide Teile waren schlicht großartig.
Thomas Faulhaber, 15. November 2022, Ludwigsburger Zeitung
Gleich zu Beginn des ausverkauften Konzerts nannte der Vorsitzende der städtischen Orchester eine stolze Summe: Beim 29. Auftritt wurde die 100.000-Euro-Marke zugunsten des Vereins „Gemeinsam“ geknackt. Das ist ein 1967 gegründeter Zusammenschluss von Eltern körperlich- und mehrfachbehinderter Kinder und Jugendlicher, von Erwachsenen mit einer Körper- und Mehrfachbehinderung sowie von Förderern als Selbsthilfeorganisation im Landkreis Ludwigsburg. Sein Ziel ist die gegenseitige Unterstützung und die gemeinsame Interessensvertretung der Betroffenen und ihrer Angehörigen.
Zum Anfang des abwechslungsreichen Abends hatte Kommissar Zufall seine Finger im Spiel. Das Landespolizeiorchester (LPO) spielte dieAkademische Ouvertüre von Johannes Brahms. Dasselbe Stück hatte auch das Sinfonieorchester erst vor drei Wochen in der Johanneskirche aufgeführt – allerdings in völlig anderer Besetzung. Das LPO ist ein reines Blasorchester und verzichtet auf Streicher. Das ergibt ein völlig anderes Klangbild. Die Ouvertüre ist eine anspruchsvolle Kombination aus alten Burschenschaftsliedern, eine Hommage an das ungezüngelte Studentenleben. Mal heiter, mal verkatert, zuweilen auch pompös. Weiter ging es mit „Reiseleiter“ Professor Stefan Halder, dem sehr engagierten Dirigenten, und seinen 40 studierten Musikern aus 15 Nationen nach Spanien. Dort beschreibt Joaquin Turina romantisch eine Szene am Guadalquivir, einem Fluss, der träge in der Hitze vor sich hinfließt, aber auch quirlig sprudelt. Klangbilder, die durch zahlreiche herausragende und stimmungsvolle Soli betont wurden.
Der junge Böblinger Tobias Becker hat in der Szene einen exzellenten Ruf. Selbst Leiter einer Big Band, Komponist und Arrangeur, hat er dem LPO eine eigene Jazz-Suite auf den Leib geschrieben. Davon wurden zwei Sätze präsentiert. Das Orchester wurde erneut seinem Ruf mehr als gerecht, „den guten Ton der Polizei“ in Baden-Württemberg zu repräsentieren. Die Musiker bereicherten bereist zum dritten Mal das Benefizkonzert in Kornwestheim.
Wohl fühlten sich die Musiker des großen Blasorchesters unter Gunnar Dieth ebenfalls. Das Kultur- und Kongresszentrum K ist ihnen ein zweiter Wohnzimmer geworden. Sie widmeten sich insbesondere moderner, höchst anspruchsvoller Literatur. Zum Beispiel war „Meteoritmo“ zu hören, ein zeitgenössisches Werk von Thiemo Kraas. Die Komposition beschreibt die verheerenden Folgen des Meteoriten-Einschlags am Albuch, aus dem in 15 Millionen Jahren mit dem Steinheimer Becken eine einzigartige Landschaft erwuchs.
Mit dem Album „Swing when you’re Winning“ erfüllte sich Superstart Robbie Williams einen Traum. Auch das Kornwestheimer Orchester ließ das legendäre „Ratpack“ um Frank Sinatra wieder aufleben mit unvergesslichen Melodien wie „Have You Met Mrs. Jones“, „Mack the Knife“, „Somethin‘ Stupid“, „Things“ oder „Behind the Sea“. Ebenso wurde einer der erfolgreichsten Rocker der Musikgeschichte in all seinen Facetten zitiert: „Everything I Do“, „Please Forgive Me“ und „Summer of 69“ von Bryan Adams wurde in einem Medley vereint. Und eine Neuheit erlebten die Besucher des Benefizkonzerts. Mit Sabrina Mayer stand erstmals eine professionelle Sängerin auf der Bühne. Sie brillierte mit dem oft vertonten „Blue Moon“ aus dem Jahr 1933 und wagte sich auch an das stimmliche hochkomplexe „Purple Rain“ von Prince heran. Es war eine rundum gelungene Premiere.
Das Sahnehäubchen eines durch und durch gelungenen Konzertabends war das große Finale. Eng wurde es, als sich gut 80 Musiker beider Orchester die Bühne teilten. Mit dem herrlich-fröhlichen konzertanten Jubelmarsch von Ernst Uebel wurde ein hochzufriedenes Publikum verabschiedet.