Nach zwei Jahren der Abstinenz durften Klassik-Fans wieder einen großen Konzertabend genießen. Und was das Kornwestheimer Sinfonieorchester zur sonntäglichen Soiree bot, überzeugte auf ganzer Linie.
Thomas Faulhaber, 25.10.2022, Kornwestheimer Zeitung
Die evangelische Johanneskirche füllte sich schnell. Die Vorfreude auf das musikalische Erlebnis war groß. Auch bei den über 40 Musikern war die Ungeduld fast greifbar, erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder in voller Besetzung und vor großem Publikum zu spielen. Fast zehn Monate lang hatten sie auf diesen Abend hin geprobt. Dirigent Andreas Kreisel, der seit 25 Jahren das Sinfonieorchester der städtischen Orchester Kornwestheim leitet, hatte die Musiker bestens eingestimmt und motiviert. Und die lieferten in allen Stimmungslagen eines anspruchsvollen Programms.
Heiter startete das Konzert mit Johannes Brahms‘ „Akademischer Festovertüre“, die 1871 in Breslau uraufgeführt wurde. Anlass war damals die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität an den 46-jährigen Komponisten selbst. Darin kombinierte er kontrapunktisch bekannte Burschenschaftslieder zu einem Gesamtkunstwerk, unter anderem das Lied aller Burschenschaftslieder „Gaudeamus igitur“. Es ist eine Hommage an das wilde Studentenleben mit allen Höhen und Tiefen und ein Werk der Höchststufe, welches das Orchester in allen Facetten souverän meisterte: überbordernd, pompös und ab und an auch in leiser Katerstimmung.
Ein Zeitgenosse von Johannes Brahms war Max Bruch. Aber die Romanze für Bratsche und Orchester hatte ihre Premiere viel später, im Jahr 1911. Sie gilt als Kleinod der Romantik und zählt zum Standardrepertoire auf den Bühnen. Als Solistin brillierte Chrsitiane Hajek mit einfühlsamem und virtuosem Spiel, in dem sie perfekt mit den anderen Musikern harmonierte, gefühlvoll und mit viel Schmelz. Christiane Hajek ist Mitglied im Crisantemi Quartett Stuttgart und anderen kammermusikalischen Ensembles. Außerdem unterrichtet sie als Violin- und Violapädagogin an der Kornwestheimer Musikschule.
Ein weiterer Höhepunkt des Herbstkonzerts war die Sinfonie Nr. 40. Die vorletzte, die Wolfgang Amadeus Mozart vor seinem frühen Tod schrieb. Sie ist eine der beliebtesten und meistgespielten Werke weltweit. Jeder kennt die „konzertanten Gassenhauer und Ohrwürmer“ voller humorvoller Leichtigkeit, Anmut und Experimentierfreude, die den Musikern viel an Können und Facettenreichtum in ihrem Spiel abverlangte. Auch das sehr zum Genuss des Publikums, das mit nachhaltigem Applaus eine Zugabe einforderte: den ersten von drei Susato-Tänzen.
In einer Pressemitteilung der städtischen Orchester heißt es, dass in diesem Jahr ein Doppeljubiläum gefeiert werden könne: Das Sinfonieorchester wird 110 Jahre alt und Andreas Kreisel leitet es seit einem Vierteljahrhundert. „Am Anfang waren wir eine ganz kleine Gruppe an Musikern. Die Anzahl der Mitspieler hat sich im Laufe der Zeit mehr als verdoppelt“, wird in der Mitteilung zitiert. Das Niveau der Werke sei kontinuierlich gesteigert worden. Das Orchester spiele heute qualitativ auf einem ganz anderen Level. „Wir werden und auch zukünftig weiterentwickeln, immer wieder neue Musiker integrieren, gemeinsam musikalische Ziele verfolgen“, blickt er positiv in die Zukunft. Die Musiker dankten ihm für seinen unermüdlichen und langjährigen Einsatz mit einem Bild.