Kornwestheim Das Herbstkonzert des Sinfonieorchesters der Städtischen Orchester spricht das Gefühl an.
Sieglinde Stahl, vom 24.10.17, Kornwestheimer Zeitung
Über 80 Auftritte in den letzten 20 Jahren und über 400 Werken von mehr als 130 Komponisten – Franz Nagler, Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Martinus, erwähnte in einer kurzen Begrüßungsrede die imponierende Leistung der Städtischen Orchester und ihres langjährigen musikalischen Leiters Andreas Kreisel. In der St.-Martinus-Kirche ging es beim diesjährigen Herbstkonzert nicht nur um die Erfolge der Musiker, sondern in erster Linie darum, was das Konzert bei den erwartungsvollen Gästen an Gefühlten auslösen würde. Der Geistliche empfahl deshalb, sich ganz der Musik und ihrer Wirkung hinzugeben. Mit der anspruchsvollen und klangschönen Ouvertüre aus der Oper „Der Kalif von Bagdad“ von Francois-Adrien Boieldieu (17775-1834) startete das Ensemble. Der flüssigen Melodik und rhythmische Lebendigkeit lauschte so mancher Konzertbesucher hingebungsvoll mit geschlossen Augen. In die Stille hinein war ein leise geflüstertes „Was für eine wunderbare Musik“ zu hören. Georg Friedlich Händel (1685-1759), einer der ganz großen Barockkomponisten hob mit dem Konzert B-Dur op. 4 Nr. für Harfe und Orchester besonders die Harfe hervor. Harfensolistin Carolin Stern, erst 17 Jahre jung, bezauberte mit einem ausdrucksstarken, perlenden Harfenspielt, das durchgehend optimal mit dem Sinfonieorchester harmonierte. Als Anerkennung gab es von Seiten der Kirchenbesucher einen wahren Beifallssturm. Zu der nachfolgenden Sinfonie Nr. 5 – Reformationssinfonie von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) waren, um das monumentale Musikwerk besser verstehen zu können, vorab Erläuterungen durch ein Orchestermitglied angebracht: Mendelssohns jüdische Eltern ließen ihre Kinder christlich taufen und konvertierten einige Jahre später selbst zum reformierten Glauben. Zum 300. Jubiläum der Augsburger Konfession im Jahr 1830 vertonte Mendelssohn die Reformationsgeschichte als sakrales Musikwerk, eine Sinfonie in vier Sätzen. Dem Kopfsatz in Sonantensatzform steht eine langsame Einleitung mit geistlichen Bezügen voran, unter anderem Zitaten aus dem gregorianischen Magnificat und dem Dresdner Amen. Der Schlusssatz verbindet eine Choralvariation Martin Luthers Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ mit der Sonatensatzform. Den Kampf, das Toben und wiederum die Zuversicht während der Reformationszeit, dieses Stimmungsbild hatte der Komponist in Noten gesetzt – die Auslegung und den passenden Ausdruck aber müssen die Orchester finden. Der musikalische Wechsel zwischen Dramatik und Feierlichkeit, mal kraftvoll und dann wieder zart spielen, gelang dem Sinfonieorchester unter der Leitung von Andreas Kreisel beeindruckend gut. Der anschließend starke Applaus zeigte, dass die Konzertbesucher die musikalische Leistung zu würdigen wussten. Über eine Stunde anspruchsvolle klassische Musik – nicht nur virtuos, sondern auch mit großer Leidenschaft gespielt. Schade, dass die St.-Martinus-Kirche nicht voll besetzt war – verdient hätten es die Musiker gehabt. Eine schöne Geste gab es zum Ende des Konzerts nicht: Stellvertretend für das ganze Orchester dankte ein Mitglied mit bewegenden Worten seinem musikalischen Leiter Andreas Kreisel für die langjährige erfolgreiche und harmonische Zusammenarbeit.